Buckelporsche: Der 997 hat keine gerade Linie zwischen
Dach-abschluss und Verdeckkasten mehr wie der 996 (rechtes Bild)
Er mag ihn nicht
besonders, den aktuellen Porsche 911 der Baureihe 996. Ferdinand
Alexander "Butzi" Porsche, Schöpfer des ersten 911 und damit
Hohepriester des klassischen Porsche-Designs, fährt einen
Carrera 4S der von 1993 bis 1997 gebauten Reihe 993.
Als letzter klassischer Porsche von den gusseisernen Fans
geliebt, musste der 993 einem Modell weichen, das von manchem
wegen der Scheinwerferform, der optischen Nähe zum Boxster und
der Abkehr von der Luftkühlung schwer akzeptiert wurde.
Gekauft haben sie ihn dann aber doch. Seit letztem Jahr ist der
Absatz trotz mittlerweile 13 Modellvarianten rück-läufig. Da
kommt der 997 genannte Nachfolger zur rechten Zeit. Nach den
Porsche-Werksferien debütiert im September das gründlich
überarbeitete Carrera Coupe. Das hier gezeigte Cabrio und die
anderen 911-Derivate Carrera 4, Targa und Turbo folgen im
Halbjahres-Rhythmus.
Nach evolutionären Formveränderungen in den ersten 40 Jahren
beginnt die Zukunft mit einem Rückschritt -die Porsche-Designer
holten das Styling des 996-Vorgängers 993 aus der Schublade. So
rutschten die vorderen Blinker aus den Tränensäcken der
Scheinwerfer zurück in den Stoßfänger. Während beim 996 die
Kofferraumhaube wie abgeschnitten endet, ist die stärker
gewölbte Klappe im Carrera GT-Stil harmonischer abgerundet.
Markante Front im 993-Look: Blinker in den Stoßfängern, Bügel-
statt Klapptürgriffe. Die Außenspiegel sind an zwei Streben
befestigt.
Das 911-Gesicht wirkt markanter - durch den stärker konturierten
Stoßfänger und die einzeln stehenden Rundscheinwerfer. Sie sind
optional mit Kurvenlicht erhältlich. Beim Cabrio betonen
zusätzlich Chromringe die steiler in den Kotflüglen stehenden
Leuchteinheiten. Die ganze Front zeigt so wieder mehr Dekolleté,
und dazu passen die üppigen Hüften.
Durch kräftige Seitenschweller wird die Taille vor den hinteren
Radhäusern, in denen bis zu 19 Zoll große Räderr sitzen, stark
betont. Auch die Rückpartie legt zu, die Heckleuchten werden
weiter in die Kotflügel gezogen. Auffällig ist der Buckel, der
beim Cabrio die Linie zwischen Dachabschluß und Motorklappe
unterbricht.
Hier thront auch beim 997 ein ausfahrbarer Heckspoiler, mit vier
statt bisher sieben Entlüftungsrippen. Darunter bleibt es bei
wassergekühlten Sechszylinder-Boxermotoren. Zunächst stehen zwei
Versionen zur Wahl: Der bekannte 3,6-Liter mit 320 PS wird von
einer S-Version mit 350 PS flankiert. Um die 30 PS Mehrleistung
herauszukitzeln, wurde der Motor auf 3,8 Liter vergrößert. Der
Carrera 4 mit Allradantrieb bekommt den stärkeren Motor
serienmäßig.
Bei soviel Neuerungen werden
sich die Traditionalisten freuen, dass das Zündschloß noch immer
links sitzt. Dafür gibt es ein anderes Lenkrad und ein
höherwertiges Armaturenbrett. Es bleibt bei den klassischen fünf
Rundinstrumenten - der Drehzahlmesser behält seinen Stammplatz
in der Mitte. Künftig werden die Instrumente von einer kleineren
Hutze überspannt, die nicht mehr wie beim 996 erst auf Höhe der
Lüftungsgitter ausläuft.
Im Cayenne-Stil präsentiert sich die Mittelkonsole. Sie
beherbergt Klimaanlage, Telefon, Sound- und Navigations-system
mit Farbbildschirm. Die Schalter für Nebenfunktionen wie
Sitzheizung oder das Stabilitätsprogramm PSM sitzen nun ober-
und unterhalb der Klimaregelung. Ganz unten ist noch Platz für
ein kleines Ablagefach. Insgesamt wirkt das 911-Interieur
übersichtlicher und viel weniger Boxster-like.
Stärker, höherwertig, klassischer. Das sieht nach einem guten
Start in die nächsten 40 Jajhr 911 aus. Vielleicht wird Butzi
Porsche seinem alten 911 ja doch noch untreu.
Text: Sebastian Renz
Fotos: Achim Hartmann (2)
Auto-Motor-Sport 2004 Heft 6